Marie HeldsdörferMein Name ist Marie Heldsdörfer, ich bin 18 Jahre alt und habe im Juli diesen Jahres mein Abitur erhalten. Anschließend bin ich am 25. August nach Costa Rica geflogen, um hier für ein Jahr einen Freiwilligendienst zu leisten. Dieser läuft über das Programm „weltwärts“, organisiert von der Organisation ICJA. Mein Projekt in einer Kindertagesstätte beginnt am 16. September. Im Folgenden berichte ich über meine ersten Eindrücke und die Vorbereitung meines Projektes in Costa Rica .

Ich wohne in der Hauptstadt, San José. Die Stadt an sich ist nicht besonders ansehnlich, aber sie hat ihren eigenen Charme, was sie auf ihre eigene Art und Weise schön macht. Das Zentrum und das Stadtgebiet sind nicht sonderlich groß, deshalb findet man sich nach etwa einer Woche ganz gut zurecht. Es gibt eine lange Fußgängerzone, auf der es von Geschäften und Straßenverkäufern nur so wimmelt. Auf einem großen Platz inmitten der verkehrsfreien Zone befindet sich das „Teatro Nacional“. Die Straßen sind im Schachbrettmuster angelegt und die Gebäude befinden sich oft unmittelbar nebeneinander. Es gibt in der Innenstadt einige Parks, wie zum Beispiel den „Parque Central“ und die „Plaza Espana“. Es ist alles gut erreichbar und ich fühle mich wohl in dieser Stadt. Alles ist nah beieinander und so ganz anders angeordnet als in einer deutschen Stadt.

Das Bus fahren ist hier in Costa Rica sehr interessant. Um mit dem Bus mitfahren zu können, wird sich an der Haltestelle in eine Schlange angestellt und man steigt nacheinander ein. Und für wen kein Platz mehr ist, der muss auf den nächsten Bus warten. Man weiß allerdings nie, wann der Bus kommt und wie lange man heute brauchen wird, um in die Stadt zu kommen. Denn, wie auch in Wolfsburg, gibt es hier eine Art Schichtverkehr – allerdings viel extremer! Es dauert sehr lange, bis man an seinem Zielort ankommt. Der Stau wird hier als „presa“ bezeichnet. Viele Busse sind Modelle von Volkswagen. Die Buspreise sind unglaublich günstig: Für eine Fahrt von meinem Stadtteil direkt in die Innenstadt bezahle ich umgerechnet nur 0,45€.

Die Autofahrer fahren hier ebenfalls, wie sie wollen. Das sagt selbst mein Gastvater. In der Innenstadt gibt es nur Ampeln für die Autos und in den seltensten Fällen für Fußgänger. Fußgängerampeln gibt es eigentlich nur an sehr verkehrsreichen Straßen, die dann auch noch sehr breit sind. Die Straßen im Zentrum von San José sind eher eng und daher muss man als Fußgänger in der Innenstadt einfach auf die Ampeln der Autos achten, um zu wissen ob man gehen kann oder nicht. Das sagt auch mein Gastvater und er sagt, dass viele hi er total verrückt fahren.

Wanderung im RegenwaldCosta Rica selbst ist auch ein wunderschönes Land, dass unglaubliche Natur zu bieten hat. Ich bin zwar erst seit 2 Wochen hier, aber ich habe bereits den Regenwald bei strömendem Regen besucht. Die Wanderungwar ein sehr abenteuerliches Erlebnis, denn unser Guide und Teamer Vinicio ist sogar mit einer Machete vorausgegangen. Unser Weg war kein typischer Wanderweg, sondern lediglich ein kleiner Trampelpfad, der etwa drei Stunden bergauf führte. Die Tour war eine sehr rutschige Angelegenheit und der Rückweg bergab war nicht unbedingt ungefährlich. Aber es war definitiv ein abenteuerliches und spannendes Erlebnis, das ich nie vergessen werde!

Playa Manuel Antonio (2)Einen der schönsten Nationalparks der Pazifikküste, den „Parque Manuel Antonio“, habe ich auch schon erkundet. Mit seinen Stränden ist er einfach faszinierend. Mit einer Freundin war ich dort fünf Stunden unterwegs. Es ging zu einem Wasserfall, entlang an den weiten Stränden und an vielen tollen Aussichtspunkten vorbei. Wir haben sogar Affen und viele andere Tiere in freier Wildbahn sehen können. Das war ein unglaubliches Erlebnis!

Derzeit findet noch mein Orientierungsseminar zur Vorbereitung meines Projektes statt. Es macht sehr viel Spaß und wird von tollen Teamern gestaltet, die sich sehr bemühen, die zwei Seminarwochen möglichst spannend zu gestalten. Neben all den Infos, die sie uns vermitteln, gibt es viele Spiele, Filmabende und Tanzstunden.

Costa Rica und seine zwei Seiten 

Costa Rica IVCosta Rica ist ein wunderschönes Land in Mittelamerika. Aber die Menschen, die es bevölkern, leben quasi in zwei Welten. Zum einen gibt es Menschen, die eigentlich wie wir in Deutschland leben. Familien leben in großen Häusern mit Garten und im Durchschnitt fahren sie auch zwei Autos.

Costa Rica VDie Häuser sind von außen vergittert und von innen sind die Grundstücke mit Sicherheitskameras und Alarmanlagen ausgestattet. Und so lebe auch ich hier, in Costa Rica. In einer Familie, die sogar von unterwegs aus über ihr Handy die Überwachungsaufnahmen aus dem Haus verfolgen kann.

Es gibt aber auch Menschen, mit deren Kindern ich in meinem Projekt zusammenarbeite. Menschen, die kaum Geld besitzen und dankbar sind, das mein Projekt, eine Kindertagesstätte des Ministerums für Gesundheit, existiert. Denn sie müssen monatlich nicht mehr als 1000 oder 2000 Colones als Beitrag zahlen und das sind umgerechnet nicht mehr als 4€. Dafür erhalten die Kinder aber den ganzen Tag über Betreuung und Nahrung.

Colones

In meinem Cen Cinai sind derzeit 90 Kinder und nur vier Erzieherinnen, die sich um die mehr als schlecht erzogenen Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren kümmern. Viele der Kinder haben keinen Respekt, keine Disziplin und überhaupt ein katastrophales Verhalten. Es kommt also nicht selten vor, dass ein Kind weint, weil es von einem anderen geschlagen oder beleidigt wird. Oder sie folgen der Aufforderung der Erzieherin erst dann, nachdem diese schon mehr als fünf Mal wiederholt, bzw. von ihr geschrien wurde. Oft gibt es keine andere Möglichkeit, als sich mit Schreien Gehör zu verschaffen, da die Kinder sonst gar nicht zuhören und weiterhin laut sind. Das reinste Chaos! Ein dreijähriges Kind beispielsweise hat letztens mit einem Stein die Scheibe kaputt geworfen.

Costa Rica IIAber dieses Verhalten ist wahrscheinlich mit den Umständen zu Hause zu begründen. Viele der Kinder werden geschlagen, die Eltern sind sich ihrer Aufgabe nicht bewusst oder sie bemühen sich mit ihrer Erziehung nicht wirklich. Andere Kinder haben Eltern, die jünger sind als ich, das heißt jünger als 18 Jahre. Und das bedeutet, dass die Mutter ihr Kind bereits mit 13 oder 14 Jahren bekommen hat, was eigentlich unvorstellbar ist. Aber das ist hier in Costa Rica in der ärmeren Bevölkerungsschicht leider die Realität und sehr junge Eltern kommen nicht selten vor.

Es gibt sogar Kinder, die nicht mal mehr bei ihren Eltern wohnen können. Weil die Mutter oder auch der Vater drogenabhängig sind, leben sie bei ihren Großeltern. Aber auch die Umstände, wie die Kinder wohnen, sind unvorstellbar. Meine Chefin hat mir erzählt, dass jedes dieser Kinder nur in den Blechhütten lebt. Solche habe ich in manchen Vierteln auch schon gesehen, sie sind wirklich nicht groß. Diese Hütten stehen mehr als eng aneinander und in diesen schon viel zu kleinen Häusern wohnen dann aber große Familien. Viele der Kinder hätten noch nicht einmal ein Bett zu Hause.

Costa Rica IIIIn Costa Rica kommt dann noch hinzu, dass der Lebensunterhalt hier absolut teuer ist. Die einzige Ausnahme ist das Bus fahren. Während ich für eine Busfahrt in die Stadt umgerechnet höchstens 0,50€ bezahle, bezahlt man im Supemarkt für eine Packung Käse 4€, für Müsli 3-4€ und für eine Wasserflasche auch gut 1€ oder mehr. Es gibt jedoch auch Läden, in denen das Einkaufen günstiger ist. Aber selbst laut meiner Gastfamilie, der es finanziell gutgeht, ist Costa Rica einfach ein teures Land.

Und dann fragt man sich, wie die ganze arme Bevölkerung sich die Sachen nur leisten soll. In Deutschland ist zwar auch nicht alles günstig, aber wir haben auch nicht so viel Armut. Während in Deutschland eine Stadt vielleicht ein bis zwei Stadtteile hat, die ärmer und konfliktreicher sind (hängt von der Stadt ab), gibt es hier in San José viele Stadtteile, die mehr als konfliktreich sind. Hier sind Banden unterwegs, der Drogenkonsum ist unglaublich hoch und es werden Menschen ermordet. Seien es die Stadtteile Leon XIII, Carpio, Lomas, Pavas oder Desesperados – all diese sind nur wenige Beispiele, für Ecken, die man besser meiden sollte.

Costa Rica IIm Stadtteil Desesperados betreut mein Gastvater, von Beruf Architekt, ein Projekt. Dort soll ein Gebäude errichtet werden, in dem die Jugendlichen in der Freizeit ihren Hobbies nachgehen können. Der Wunsch der Jugendlichen ist unter anderem der Bau eines Skateparks. Durch solche Maßnahmen erhofft sich die Regierung eine Minderung der Kriminalität unter den jungen Erwachsenen. Aktuell befindet sich das Projekt noch in der Planung…

Es werden sicherlich noch weitere Berichte über meine Zeit in Costa Rica folgen. Bis dahin alles Gute!

Marie Heldsdörfer

 

Hier berichtet Marie weiter von ihren Erlebnissen:

Hallo,

Marie Heldsdörfer nach etwas längerer Zeit melde ich mich wieder mit einem Bericht. In den letzten Monaten ist doch einiges passiert. Nachdem ich nach mehr als einem Monat meine Bronchitis hier überstanden hatte, kamen die Weihnachtszeit und die Zeit der Feiertage. Ich war mit einer anderen Freiwilligen beim Vulkan „Arenal“  (auch in den Hot Springs mit 40 Grad heißem Wasser), mein Vater kam zu Besuch und ich war mit meiner Familie noch einmal im Urlaub. Gerade ist meine Freundin Milana zu Besuch und wir reisen umher.

Sonnenuntergang in JacóMit meinem Vater war ich im Ort des Nationalparks „Manuel Antonio“, der Park war aber leider wegen Überfüllung schon geschlossen. Also besuchten wir den öffentlichen Strand des Ortes und retteten dort unsere Klamotten vor der Flut. Die kam nämlich schneller, als wir es erwartet hatten. Auf dem Rückweg haben wir uns den Sonnenuntergang in Jacó angeguckt, waren bei einem indianischen Baudenkmal „Monumento Nacional Guayabo“, sind nach Guanacaste gefahren und sind dort auf dem Rückweg mit der Fähre über die Bucht von Nicoya gefahren.

Zum Jahresanfang folgte ziemlich schnell das Halbjahres-Seminar meiner Organisation. Danach habe ich eine Woche im Büro der Organisation gearbeitet, um für den Besuch meiner Freundin Milana eine Woche im Februar freizubekommen. Meine Aufgabe war es, die neuen Freiwilligen vom Flughafen abzuholen. Richtige „Büroarbeit“ hatte ich nur an einem einzigen Tag zu tun.

In der ersten Februarwoche bin ich mit meiner Gastfamilie weggefahren, obwohl ich eigentlich hätte arbeiten müssen. Es ging für 5 Tage in ein All Inklusive Hotel: Tambor Beach. Es war richtig entspannend. Und da meine Gasteltern jetzt vor knapp einer Woche ihren Hochzeitstag hatten und sich in dem Hotel vor knapp 20 Jahren kennengelernt haben, haben wir ihnen in dem Hotel eine kleine Überraschung (Erdbeeren mit Schokolade und Champanger) organisieren lassen. Sie haben vor Freude fast geweint 😀

Auf der Arbeit läuft es zur Zeir richtig gut. Endlich bekomme ich mehr Respekt von den Kindern, meine neue Chefin ist mehr als super und mit meinen Kolleginnen verstehe ich mich auch klasse. Außerdem kam eine Freiwillige, die letztes Jahr in meinem Projekt war, jetzt für 3 Wochen zu Besuch, wir haben uns kennengelernt und verstehen uns auch super gut. Sie heißt Inka.

Und dann kam Milana vor einer Woche hier an. Leider kam ihr Koffer nicht mit, aber der wurde Freitag nachgeliefert. Am Donnerstag sind wir gemeinsam mit Inka nach San José gefahren und haben dort erstmal eine „Fresstour“ gemacht, damit sie erstmal das ganze leckere Essen hier probiert 😀 Danach ging es nach Monteverde in den Regenwald. Wir haben erst eine Nachtwanderung gemacht, wo wir all diese Tiere gesehen haben: eine Vogelspinne, 2 Tukane, eine andere farbenvolle Vogelart, ein Faultier, ein Frosch und 2 giftgrüne und wirklich giftige Schlangen.

Marie HeldsdörferAm folgenden Tag ging es dann in den Park von Selvatura, wo wir eine Canopy-Tour über Zip-Lines durch und über die Dächer des Regenwaldes gemacht haben. Das letzte Kabel war 1 km lang und so hoch, dass die Bäume deutlich unter einem waren und man sogar etwas vom Meer sehen konnte. Wir sind über Hängebrücken zwischen und über den Bäumen gelaufen. Weiter ging es mit Inka nach Jacó an den Strand. Wir bekamen für 5$ einen Riesenteller mit Getränk. Man muss hier eben nur wissen, wohin man gehen muss 😀

Marie HeldsdörferHeute sind Milana und ich zum Vulkan „Poás“ gefahren, wo man auf einen blauen Schwefelsee im Krater gucken kann, wirklich ein interessanter Anblick. Für Ende März plane ich gerade mit einer anderen Freiwilligen eine Reise nach Nicaragua 🙂

Ich sende ganz liebe Grüße aus Costa Rica!

Eure Marie

 

Ein weiterer Bericht vom 21. April 2016

Hallo 🙂 nach sehr langer Zeit melde ich mich mal wieder aus Costa Rica – dieses Mal mit guten und schlechten Nachrichten:

Mittlerweile lebe ich hier in Costa Rica meinen gewohnten Alltag, habe mittlerweile viele einheimische Freunde und fühle mich mehr als wohl. Ich kann mir momentan auch gar nicht vorstellen, dass ich in 4 Monaten schon wieder zurück in Deutschland bin und will an den Rückflug und noch weniger an die Verabschiedung hier nicht mal denken.

Vor etwa drei Wochen war ich mit eine sehr guten Freundin (Nina, auch eine Freiwillige) und einem einheimischen Kumpel am Strand. Wir sind dort in einem Haus eines Bekanntes geblieben, wo auch noch seine Mutter und der Hausbesitzer dazukamen.

Am StrandIm Laufe des Wochenendes waren wir bis zu 7 Personen in diesem kleinen Holzhaus, wo es nur Wasser von 14 Uhr bis 20 Uhr gab. War aber auch alles mal eine Erfahrung wert 😀 Wir waren an Flüssen, am Strand und haben gefeiert, es war auf jeden Fall ein cooles Wochenende.

 

Leider ist aber etwas sehr Unerfreuliches und Unangenehmes passiert: Ich habe einen Kreuzbandriss und etwas am Meniskus, was leider operiert werden muss. Aber zum Glück habe ich eine tolle Familie hier, die mich zu jedem Arzt begleitet und auch am Tag der OP da sein wird. Und auch meine Freunde hier sagen schon, dass sie mich besuchen kommen werden.

So hoffe ich, dass alles gut läuft und dass ich so schnell wie möglich die Aufbautherapie anfangen und wieder arbeiten gehen kann.

Viele liebe Grüße aus Costa Rica,

Marie